Aby Warburg (1866-1929) hat mit seinen kulturwissenschaftlichen Untersuchungen und der
Programmatik seiner Bibliothek auch auf die philosophische Problemlage der Zeit reagiert. Für
zentrale Bereiche philosophischer Kulturtheorie lieferte er begriffliche und strukturelle
Vorschläge seine Sensibilität für offene oder verdrängte Fragen der Kulturtheorie macht ihn zu
einem wichtigen Gesprächspartner im kulturphilosophischen Dialog. Bislang wurde jedoch sein
Denkweg aus philosophischer Sicht kaum dargestellt. Bernd Villhauer unternimmt den Versuch
nicht nur in Warburgs Entwicklungsweg seinem Aufgreifen des theoretischen Materials aus den
positivistischen wie idealistischen Ansätzen des 19. Jahrhunderts sondern auch in seinen
kulturtheoretischen Fragmenten die Konturen einer spezifischen Vorstellung von
Kulturanthropologie und Kulturpsychologie zu entfalten. Die Ambivalenz des Symbols und seine
Anbindung an elementare Orientierungsversuche des Menschen vor dem Hintergrund einer
Kulturtheorie die sowohl Lamprechtschen als auch Burckhardtschen Vorgaben zu entsprechen sucht
sind unter anderen die spannungsreichen Voraussetzungen Warburgschen Denkens. Beeinflussungen
durch Carlyle Vignoli und Auseinandersetzungen mit kulturgeschichtlichem Positivismus treten
hinzu. Daß diese theoretischen Voraussetzungen nur teilweise amalgamiert werden konnten läßt
sich an der Theorie deutlich ablesen macht aber auch ihre Interpretationsfähigkeit und damit
Wirkmächtigkeit aus. Besondere Aufmerksamkeit wird in diesem Buch den unveröffentlichten
Fragmenten gewidmet. In ihnen sind auf unsystematische Art die wesentlichen Ansätze zu einer
eigenen Kulturphilosophie gegeben. Im Vergleich mit den neukantianischen Modellen der
Kulturtheorie Max Webers und verschiedenen Konzepten des Symbolischen lässt sich das
Warburgsche Menschenbild nachzeichnen. Seine Kulturentwicklungstheorie thematisiert die Angst
und den mühsamen Souveränitätsgewinn als entscheidende Elemente. Kulturtheorie aus dem Geiste
einer Handlungstheorie des 19. Jahrhunderts: der Versuch Übergänge vom Tier- ins Menschenreich
zu beschreiben von der Flucht des erschreckten Tieres zum Ausmalen von Renaissance-Kirchen und
Beschreibungen des Sternenhimmels.