Max Picards frühe Schriften zeichnen sich durch eigenwillige literarische und
kulturphilosophische Positionen aus. Karsten Lichau lotet die Spannungen und Brüche in Picards
oft vorschnell als kulturpessimistisch oder konservativ etikettiertem Frühwerk aus das
zwischen 1914 und 1933 entstand. Im Zentrum steht dabei eine ebenso umkämpfte wie schillernde
literarische Figur: das Gesicht. Indem die Studie textnahe Lektüre mit kulturhistorischer
Kontextualisierung verbindet geht sie den Um- und Abwegen der schriftstellerischen Laufbahn
Picards nach und eröffnet neue Perspektiven auf seinen weitgehend in Vergessenheit geratenen
Beitrag zum literarischen Feld der Weimarer Zeit. Zugleich zeigt die Untersuchung dass Picards
Texte die fiktiven oder prophetischen Gesichte reflektieren die in außerliterarischen Feldern
zirkulieren - von Kunst- und Medientheorie über Geschichtsphilosophie sowie jüdische und
christliche Theologie bis hin zur ästhetischen Medizin und Rassenhygiene. Sie lassen sich als
eine literarische Physiognomik moderner Kulturen lesen.