Karl Bosl war der Fachwelt bis in die neunziger Jahre als angesehener und viel geehrter
Historiker bekannt. Erfolgreich behauptete er nach 1945 dass er sich gegenüber dem
Nationalsozialismus kritisch verhalten und zu einer kleinen Widerstandsgruppe gehört habe. Ein
Mitglied dieser Gruppe Robert Limpert wurde von den Nationalsozialisten aufgegriffen und nur
wenige Stunden vor Eintreffen der Amerikaner brutal hingerichtet. Die hier vorgelegte Studie
die an die erste Publikation der Autoren zum Thema von 2011 anknüpft beruht auf einer stark
erweiterten Quellenbasis von unveröffentlichten offiziellen und privaten Dokumenten die neue
gesicherte Rückschlüsse auf Bosls vielfältige Beziehungen zum nationalsozialistischen Regime
zulässt. Noch im Dezember 1944 hielt er vor Ansbacher NS-Größen einen leidenschaftlichen
Vortrag in dem er das Ringen um die Erhaltung des Großdeutschen Reiches unter Hitler in
höchsten Tönen lobte. Doch schon im September 1945 verurteilte er bei einerZeremonie am Grab
Limperts den Nazismus energisch und es gelang ihm vor dem Entnazifizierungstribunal der Stadt
Ansbach den Eindruck zu erwecken dass er durch seine Gegnerschaft zu den Nationalsozialisten
sein Leben riskiert habe. Durch eine hervorragende Detektivarbeit legen Benjamin Kedar und
Peter Herde eine faszinierende forensische Dekonstruktion der Geschichte vor die Karl Bosl
einer der prominentesten Historiker Bayerns der Nachkriegszeit für sich selbst schuf um sich
als Nazi-Gegner zu etablieren. Sir Ian Kershaw