In Bezug auf das ubiquitäre Phänomen der körperlichen Schönheit literarischer Figuren hat sich
ein breit akzeptierter Common Sense hinsichtlich der theologischen Fundierung einer
vermeintlichen mittelalterlichen 'Ästhetik' und der Positivbewertung der Körperschönheit im
höfischen Kontext ausgebildet. Dies versucht die vorliegende Arbeit zu re-evaluieren um Anstoß
zur weitergehenden kritischen Auseinandersetzung zu geben. Hierbei werden die Felder der
sogenannten 'Kalokagathie' der 'descriptio pulchritudinis' und der Erkenntniskraft der
'Ästhetik' diskurskritisch befragt. Anhand einer Vielzahl von Texten wird dabei gezeigt wie
das Konzept des christlichen Fleisches die Matrix eines aporetischen Sprechens über Schönheit
produziert das noch den gegenwärtigen Diskurs grundiert. Neben theologischen Grundlagen für
die christliche 'aisthesis' (Augustinus Johannes Scotus Hugo von St. Viktor) und
poetologischen Grundlagen (Matthäus von Vendôme Galfred von Vinsauf Eberhard der Deutsche)
rücken dabei verschiedene kanonische (Hartmann: Erec Wolfram: Parzival) randständigere
mittelhochdeutsche (Stricker Minnereden Thomasin: Der Welsche Gast) sowie einige
mittellateinische Dichtungen (Alanus ab Insulis Mohammedsviten) in den Fokus.