Vorwort Ein ausführlicher Kommentar zur Göttlichen Komödie in deutscher Sprache entspricht
einem Bedürfnis der Wissenschaft. K. Vosslers Dantewerk ist bei aller Subjektivität durch die
souveräne Beherrschung des Stoffes immer noch grundlegend kann aber einen fortlaufend
erklärenden Kommentar nicht ersetzen. Außerdem sind inzwischen auch in Deutschland eine Reihe
von Arbeiten erschienen welche die Danteforschung in verschiedener Richtung bereichert haben.
Die Arbeiten von R. Palgen erbringen trotz der Überspannung seiner These wertvolles Material.
E. Auerbach und H. Friedrich haben wesentlich zur Vertiefung der Dante-Deutung beigetragen. Vor
allem hat E. R. Curtius durch seine Mittelalterforschungen gerade der Dante-Interpretation
starke neue Anregungen gegeben. In Italien haben nach dem Meister der Dante-Forschung M. Barbi
besonders G. Busnelli und B. Nardi einander gegenseitig ergänzend die philosophische
Danteerklärung weitergeführt. Daneben haben die zahlreichen italienischen Dante-Kommentare die
laufend das gesicherte Erklärungsgut verarbeiten immer wieder neue und persönliche Aspekte
eröffnet so haben u.a. L. Pietrobono die religiöse M. Porena die kritische Momigliano und
Rossi-Frascino die ästhetische Interpretation wesentlich gefördert. In Frankreich bezeugt eine
Reihe von umfangreichen Werken wie die von A. Renaudet A. Pézard Y. Batard und P. Renucci ein
neuerwachtes Interesse für Dante. Auch in Nordamerika erscheinen immer wieder wertvolle
Einzelforschungen zu Dante. So scheint der Zeitpunkt gekommen einmal den Versuch einer Art
kritischer Bestandsaufnahme zu machen. Dabei konnte naturgemäß keine Vollständigkeit der
Literaturerfassung angestrebt werden da eine solche über die Kraft eines Einzelnen gehen
würde. Es konnte auch nicht die Aufgabe dieses Kommentars sein neue Materialien etwa
historischer Art beizubringen wohl aber möchte er durch eine Zusammenstellung und Auswahl des
Erforschten und manchmal in seiner Überfülle wieder Vergessenen einen neuen Anstoß geben zur
weiteren Ergründung der geistesgeschichtlichen Zusammenhänge der Klärung des enzyklopädischen
Bestandes sowie der Geschichte der Einzelmotive und der strukturellen Gesetzmäßigkeit des
Danteschen Kosmos. Es konnte bei der unermeßlichen Fülle der Problemstellungen nicht ausbleiben
daß in diesem Kommentar einige derselben in den Vordergrund rücken. So wurde besonderer
Nachdruck auf die Nachahmung Wiederholung und Abwandlung bestimmter dichterischer Motive und
Themen gelegt weil sich dadurch oft wesentliche Durchblicke und eine bessere Einsicht in den
großen organischen Zusammenhang in die Architektonik des ganzen Werkes ergeben. So sind z. B.
die Möglichkeiten der Entdeckung von zahlenmäßigen Symmetrien im Bau des Werkes noch lange
nicht erschöpft. Im einzelnen wurden besonders die Parallelstellen aus den klassischen Autoren
aus Vulgata Patristik Scholastik und Mystik berücksichtigt wobei durch die Frage nach den
wirklichen Verbalreminiszenzen die Schaffensart Dantes deutlicher werden kann und die Anregung
zu der noch fehlenden umfassenden Bildungsgeschichte des Dichters gegeben werden soll. Immer
kam es darauf an die Besonderheit Dantes in seinem Verhalten zu den Gegebenheiten sei es
literarischer denkerischer psychologischer oder historischer Art zu charakterisieren und zu
deuten mit dem Endziel die Bildungsgrundlagen und den Lebenshintergrund erstehen zu lassen
auf denen das Werk der Göttlichen Komödie zu begreifen ist und wenigstens etwas von den
Untertönen anklingen zu lassen die für Dante und seine Leser mit dem Werke verbunden waren. In
der Form schließt sich der Kommentar den üblichen italienischen Kommentaren an jedoch mit dem
Unterschied daß er vom Text getrennt wurde und daß die zusammenfassenden Abschnitte über die
einzelnen Gesänge und Episoden einen etwas breiteren Raum einnehmen. Er will damit einerseits
die Möglichkeit geben sich jederzeit über die größeren Zusammenhänge zu u