Obwohl keine Lehre der Nebenpflichten bestand konnte im römischen Kaufrecht der entsprechende
Schaden für deren Verletzung bei Vertragsschluss und -erfüllung durch die römischen Richter
ermessen werden. Im Gegensatz dazu haben die deutschen Juristen im 19. Jahrhundert das Bestehen
der Nebenpflichten ignoriert und die Lücke im Leistungsstörungsrecht des deutschen BGB
verursacht. Zur Lückenschließung wurden nach dem Inkrafttreten des BGB die Lehren der positiven
Vertragsverletzung und der Neben- bzw. Schutzpflichten nacheinander aufgestellt. Dies führte
sowohl zur scharfen Trennung zwischen Vertragsschluss und -erfüllung als auch zur Vergrößerung
des Abstands zwischen Vertrags- und Deliktsrecht im geltenden deutschen Recht. Im Vergleich
dazu wird das chinesische Schuldrecht historisch gesehen durch verschiedene Rechtsquellen und
-traditionen beeinflusst sodass die Lehre der Nebenpflichten der Struktur des geltenden
chinesischen Vertragsrechts nicht völlig entsprechen kann. Im zukünftigen chinesischen ZGB soll
die Lehre der Nebenpflichten gewissermaßen aufgegeben und durch die Lehre der allgemeinen
unvereinbarten Pflichten ersetzt werden.