Im internationalen Diskurs hat in den letzten Jahrzehnten ein Wandel beim Blick auf nationale
Amnestien für Völkerstraftaten und schwere Menschenrechtsverletzungen stattgefunden: Während
Amnestien Mitte der 1980er Jahre als Instrumente für den Schutz der Menschenrechte galten
scheint ihr Erlass seit Ende des Kalten Krieges keine Option mehr zu sein. Eine dogmatische
Untersuchung offenbart allerdings dass sich Amnestien - mit Ausnahme bestimmter regionaler
Menschenrechtsabkommen - trotzdem in vielen Bereichen der völkerrechtlichen Einhegung
widersetzen. Leslie Manthey erklärt dies mithilfe eines Ansatzes der Recht als Form der
politischen Imagination versteht. Die internationale Strafjustiz mit ihrem Anspruch auf
Überwindung innerstaatlicher Amnestien präsentiert demnach eine Botschaft die in der
Behauptung des Rechts gegenüber dem Politischen besteht. Wie die Genealogie der Menschenrechte
kann dieses Unterfangen in einer dialektischen Gegenbewegung in sein Gegenteil umschlagen und
selbst zur politischen Utopie werden. Dies zeigt sich insbesondere in der Amnestiedebatte.