Für eine institutionalisierte Gerichtsorganisation ist wesensprägend dass an deren pyramidaler
Spitze ein oder mehrere Höchstgerichte thronen die nicht nur zur letztverbindlichen
Entscheidung über individuelle Rechtsstreitigkeiten sondern auch zur Fortbildung des Rechts
befugt und berufen sind. Diese historisch tief verwurzelte Funktionsbelegung bringt einen
wesensimmanenten Widerspruch des Rechtsmittelverfahrens zum Vorschein: Zwar dient der
Zivilprozess vorrangig der Durchsetzung subjektiver Rechte die Funktion eines Höchstgerichts
ist indes (auch überwiegend oder nahezu ausschließlich) an einem vom Individualrechtsstreit
emanzipierten 'öffentlichen' Interesse ausgerichtet indem grundlegende Rechtsfragen geklärt
das Recht fortgebildet und die einheitliche Rechtsanwendung gewährleistet werden. Obschon sich
nahezu alle Justizsysteme mit dieser Aufgabendichotomie konfrontiert sehen haben sich im
deutschen romanischen und common law-Rechtskreis unterschiedliche Modelle zu deren Auflösung
entwickelt. Die Arbeit wurde mit dem Albert-Bürklin-Forschungspreis 2023 der Wissenschaftlichen
Gesellschaft in Freiburg und dem Rudolf-Haufe-Förderpreis 2023 der Universität Freiburg
ausgezeichnet.