Im Herbst 1928 erschütterte ein Finanzskandal die Kommunistische Partei Deutschlands und die
Kommunistische Internationale in Moskau. Es ging um die Veruntreuung von Parteigeldern im
KPD-Bezirk Wasserkante. Auch in der deutschen Öffentlichkeit sorgte die sogenannte
Wittorf-Affäre für großes Aufsehen. Kein Wunder: Im Zentrum stand der KPD-Vorsitzende Ernst
Thälmann. Kurz zuvor war bekannt geworden dass er Unterschlagungen seines Freundes John
Wittorf in Hamburg vertuscht hatte. Daraufhin beschloss das Zentralkomitee Ende September
einstimmig ihn von seiner Funktion als Vorsitzender der Partei zu suspendieren. Die endgültige
Entscheidung über sein weiteres Schicksal sollte in Moskau fallen wie es auch die Statuten der
Kommunistischen Internationale und der KPD vorsahen. Eine zusammenhängende Darstellung des
eigentlichen Korruptionsfalles fehlte bisher. Das war nicht zuletzt der Quellenlage geschuldet:
Die bisher verfügbaren Dokumente zur Wittorf-Affäre betreffen in ihrer übergroßen Mehrzahl die
Zeit ab Ende September 1928. Nun machen es unerwartet aufgefundene Akten aus dem Nachlass von
Hugo Eberlein möglich die verschiedenen Vorgänge innerhalb der KPD nachzuzeichnen die zur
Aufdeckung der Unterschlagung Wittorfs und zur Enthüllung der Rolle führten die Thälmann und
drei Hamburger Spitzengenossen bei der Vertuschung des Falles gespielt haben.