Kriegspropaganda kennt nicht nur die Feindbildbeschwörung zwecks Stählung des Kriegswillens auf
der eigenen Seite. Die Nazis richteten ihre Propaganda auch an den Feind selbst. Eine
Propagandaflut unvorstellbaren Ausmaßes ergoss sich über die Ostfront Nazi-Deutschlands. 500
Millionen Kriegsflugblätter adressiert an 5 Millionen Rotarmisten. Immerhin eine Ausgabe von 8
58 Reichsmark an bedrucktem Papier für jeden sowjetischen Soldaten. Eine zynische Ausgabe
bedenkt man wie wenig diese Menschen den Nazis wert waren - nach einer Gefangennahme. Die
Flugblätter wurden im Hinterland in Deutschland hergestellt wie auch durch eigene
Propagandakompanien an der Front. Mit Hilfe spezieller Haubitzengeschosse unbemannter Ballone
und Propagandagewehrgranaten wurden die Flugblätter über der gegnerischen Front abgeworfen bis
tief ins Landesinnere der UdSSR. Die Flugblätter sollten Rotarmisten zur Revolte gegen ihre
Vorgesetzten und zum Überlaufen zu den Deutschen veranlassen. Gleichzeitig wurde ihnen ein
angenehmes Leben in deutscher Gefangenschaft versprochen. Auf vielen Flugblättern sind deshalb
zweisprachige Passierscheine aufgedruckt. Im brutalsten Stürmer-Stil wurden die Vorgesetzten
als Ungeheuer dargestellt erkennbar an den den Juden zugeschriebenen Merkmalen. Diese
Propaganda in ihrem gigantischen Ausmaß muss auch auf die deutschen Soldaten gewirkt haben. -
Ob die Flugblätter nach dem Krieg in Museen der Sowjetunion ausgestellt wurden ist nicht
bekannt. Die vorhandene Sammlung wurde Anfang des 21. Jahrhunderts von einem ehemaligen
Angestellten eines ukrainischen Museums der sie dort im Keller gefunden hatte und sie als
Entschädigung für nicht erhaltenen Lohn mitnehmen durfte zum Kauf angeboten.