Zwischen 1940 und 1945 wurden über 2 2 Millionen Kinder und Jugendliche im Rahmen der so
genannten »Erweiterten Kinderlandverschickung« aus bombenbedrohten deutschen Städten in sicher
geglaubte Gebiete gebracht wo sie in Pflegefamilien oder in KLV-Lagern betreut wurden. Diese
oft jahrelange Trennung der Kinder von Elternhaus und Heimat hieß in der beschönigenden
Sprachregelung »Kriegsheimat« und wurde als ein besonderes ausschließlich am Wohl der Kinder
orientiertes apolitisches »Erholungswerk des Führers« propagiert. Und für viele aus der
Generation der Kriegskinder ist die Kinderlandverschickung in der Erinnerungsverklärung heute
noch Synonym für eine frohe und angenehme Zeit in erlebnisreicher Lagergemeinschaft. Für nicht
wenige sind die Erlebnisse in der KLV jedoch mit traumatischen Erfahrungen verbunden. Die
ambivalente Verknüpfung von humanitärer Nothilfe und ideologischer Verführung der Kinder wird
hier in ihren unterschiedlichen Facetten anschaulich und eindringlich dargestellt. Die Studie
enthält neben einer allgemeinen Darstellung der KLV aus dem damaligen NS-Gau Westfalen-Nord in
ihrer historischen Einbettung Aspekte der Lagerwirklichkeit von über 30 Schulen sowie einen
dokumentarischen Anhang signifikanter meist noch unveröffentlichter Quellenzeugnisse.