Lange Zeit galt Genrekunst als Abbild der Wirklichkeit und der Prozess zunehmender
Säkularisierung schien die Ursache ihrer Entstehung. Heute herrschen Erklärungen vor welche
die Genrekunst im Sinne gemalter Ethik und Lasterdarstellungen als Beitrag eines
christlich-didaktischen Programms werten. Der vorliegende Band erweitert diese Perspektiven.
Denn die Genremalerei stellt sich politischen theologischen wie kunsttheoretischen Fragen und
erweist sich als Medium einer im Aufbruch begriffenen Welt. So ist es kein Zufall dass sich
die Anfänge der Genrekunst im 15. Jahrhundert in druckgraphischen Werken - im
fortschrittlichsten Reproduktionsmedium jener Zeit - finden. Dabei adressiert sie ein
städtisches Publikum das im Alltag immer wieder dem Problem christlicher Lebensführung
gegenübersteht. Die Publikation versammelt Beiträge mit Interpretationen exemplarischer
Genrebilder von Albrecht Dürer Hieronymus Bosch Petrus Christus oder Jan Sanders van Hemessen
und regt zu einer Neubewertung der Gattung an um sie als selbstreflexive konfliktoffene
Kunstform sichtbar zu machen.