Ausgehend von der historisch gewachsenen Funktion öffentlicher Archive die auf die
Revolutionsgesetzgebung in Frankreich und die preußische Reformdiskussion zurückgeht wird die
Frage eines in Art. 5 Abs. 3 GG verbürgten Rechts auf Archivzugang des historischen Forschers
diskutiert. Bartholomäus Manegold kommt zu dem Ergebnis dass die Beschneidung des Zugangs zu
öffentlichen Archiven durch unverhältnismäßige Zugangssperren Sperrfristen und
Geheimhaltungsvorbehalte eine Verletzung grundrechtlicher Wissenschaftsfreiheit darstellt.
Daneben hat die objektivrechtliche Bedeutung der Wissenschaftsfreiheit organisationsrechtliche
Folgen für das öffentliche Archivwesen: eine umfassende Anbietungspflicht öffentlicher Stellen
einschließlich ihrer Amtsträger gegenüber den zuständigen öffentlichen Archiven hinsichtlich
ihrer Unterlagen ist verfassungsrechtlich verankert. Öffentlichen Archiven ist ungeachtet ihrer
nach wie vor nicht bestehenden formellen Rechtsfähigkeit im Bereich der historischen
Forschungssicherung ein Mindestmaß an rechtlicher und organisatorischer Unabhängigkeit
zuzubilligen die ihnen die Wahrnehmung ihres verfassungsrechtlichen Auftrags effektiv
ermöglicht. Die Einordnung der Archive als bloßer Hilfsanstalten steht dazu im Widerspruch. Der
Grundsatz verfassungskonformer Auslegung der landes- und bundesarchivgesetzlichen Sperrfristen
und Geheimhaltungsbestimmungen führt zu ihrer Neubewertung. Dies gilt v. a. für die Frage des
Verhältnisses der Verschlußsachen-Einstufung gegenüber der Archivierung und Archivgutnutzung
sowie auch für Zugangsbeschränkungen aus datenschutzrechtlichen Gründen einschließlich der
unter dem originär presserechtlichen Begriff geregelten Ausnahme für Personen der
Zeitgeschichte. Ein rechtsvergleichender Blick gilt der jeweiligen Situation nach dem
französischen Archivgesetz.