Die Eichendorff-Preisträgerin Iris Wolff der Heinrich-Mann-Preisträger Uwe Kolbe und der
Adelbert-von-Chamisso-Preisträger Senthuran Varatharajah haben sich auf ein ungewöhnliches
Experiment eingelassen: An authentischer Stätte direkt neben Luthers Schreibstube residierten
sie im Jahr 2021 für jeweils vier Wochen auf der Wartburg. Dort führten sie einen inneren
Dialog mit Luthers Bibel und verfassten jeweils einen literarischen Text. Die
Wartburg-Tagebücher die hiermit nun erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden
sind eine Hommage an die deutsche Sprache und ihrer schöpferischen Ausdruckskraft. Im
Augenblick des Sprechens verändert sich die Wirklichkeit und dabei kann der Raum zwischen den
Wörtern doch das Eigentliche sein: Der Augenblick nennt seinen Namen nicht.Dem eigentümlichen
Gefühl der Unverfügbarkeit von Sprache die in der Stille entsteht in einen Ausdruck übersetzt
wird und immer wieder in das Schweigen zurückmuss spüren Iris Wolff Uwe Kolbe und Senthuran
Varatharajah in ihren Wartburg-Tagebüchern nach. Ihre Texte erwachsen aus einer inneren
Auseinandersetzung mit der Sprachform die der Bibelübersetzer Martin Luther vor 500 Jahren
geprägt hat. Sie stellen fest: Wir sprechen immer noch aus der Richtung die Luthers Sprache
einmal vorgab in seinen Alliterationen in seinen Bildern und Neologismen in seinen
Redewendungen in seiner Komposition. Diese Sprache der Bibel prägt unsere Kultur unser Leben
unsere Identität bis heute.Die Wartburg-Tagebücher werden zu einer Hommage an die deutsche
Sprache und ihrer schöpferischen Ausdruckskraft. Sie sind ein sprachmächtiges Plädoyer für
einen behutsamen Umgang mit der unkontrollierbaren Macht der Worte. Und sie werden zu einem
literarisch eindrucksvollen Eingeständnis der Vorläufigkeit allen menschlichen Bemühens
Erfahrung und Erkenntnis in Sprache zu übersetzen. Das eigene Wort kann nicht als beständige
Heimat in Anspruch genommen werden. Es will immer wieder aufs Neue empfangen sein.Ohne
durchlebte Erfahrung wird jedes Wort unwahr. Ohne die Schwebe des Lebendigen endet die Liebe.
Ohne die Gnade stimmen die Uhren nicht überein. Wir suchen Exaktheit und Sicherheit und finden
diese Qualitäten dort wo der Weg am dunkelsten ist. Sprache ist ebenso wie Heimat nichts
anderes als ein Bald ein Noch-nicht ein Unterwegssein.