In der Arbeit wird der Kanonisierungsprozess einer Hofchronik namens Chunqiu ( Frühlings- und
Herbst-Annalen 722-481 v.Chr.) in China nachgezeichnet. Im Mittelpunkt steht die Analyse der
Exegese welche diesen Prozess ermöglichte. Die Arbeit besteht aus drei Teilen: Im ersten
werden frühe Lesarten (ca. 4.-3. Jh. v.Chr.) von annalistischen Texten allgemein und dieser
Hofchronik speziell als Vorläufer der späteren systematischen Exegese dargestellt. Im zweiten
und ausführlichsten Teil wird zunächst eine Analyse der exegetischen Methode des frühesten
maßgeblichen Kommentars des Gongyang zhuan sowie von deren Bezug zu hermeneutischen Techniken
der Omendeutung vorgenommen. Danach folgt eine Untersuchung zu dessen inhaltlichem Anliegen
sowie ein Versuch zu dessen Datierung. Im dritten Teil wird die Weiterentwicklung der Exegese
von dem rituell und moralisch ausgerichteten Gongyang-Kommentar hin zum pragmatischen
Rechtskommentar Dong Zhongshus (2. Jh. v.Chr.) gezeigt. Es zeigt sich wie eine ursprünglich im
kultisch-rituellen Raum entstandene Hofchronik über eine moralische Deutung schließlich als
exempla-Sammlung einer Rechtspraxis zum Leitklassiker einer Dynastie (Frühe Han 206 v.-23
n.Chr.) avancieren konnte auf dessen Grundlage weitreichende politische Entscheidungen
begründet wurden.