Die Erinnerung an die Jahre 1914 bis 1918 hat in den Geisteswissenschaften intensive produktive
wenn auch höchst heterogene Wirkungen entfalten können in denen sich unterschiedliche
Tradierungen und Kanonisierungen erkennen lassen. Zieht man allgemein verbindliche
Deutungsmuster heran so ließe sich konstatieren dass der Erste Weltkrieg - in Deutschland vom
Zweiten Weltkrieg überlagert - im Westen als großer Opfergang erinnert wird während er in
Russland Auftakt zu Revolution und Bürgerkrieg ist. In Zentraleuropa stellt er für einige
Länder die entscheidende Phase nationalstaatlicher Wiedergeburt dar. Er bedeutet somit einen
tiefen Einschnitt in der europäischen (Geistes-)Geschichte er wirkt aber auch als Durchbruch
der Moderne in sozialer intellektueller und technologischer Hinsicht und markiert in gewisser
Weise das Ende des bürgerlichen Zeitalters. Dies dürften einige der Gründe sein weshalb 2018
ein auch in Zentral- bzw. Ostmitteleuropa herausragendes Gedenkjahr war. Der Zerfall der
Vielvölkermonarchien in Europa bedeutete das Ende der politischen Ordnung des 'langen' 19.
Jahrhunderts und brachte sowohl die Erfüllung nationaler Erwartungen und Hoffnungen in den
Nachfolgestaaten der Habsburgermonarchie wie aber auch Verlusterfahrungen in Österreich und vor
allem in Ungarn sowie in dem in seinen imperialen Erwartungen enttäuschten Italien. Anlässlich
des Gedenkjahrs bietet der Tagungsband eine Auseinandersetzung mit dem Ersten Weltkrieg aus
geschichts- literatur- und kulturwissenschaftlicher Perspektive die sich insbesondere dem
Ende des Kriegs und seinem Nachwirken widmet wobei der Fokus auf dem früheren habsburgischen
Bereich liegt.