Dirk Tröndle untersucht in dieser Arbeit wesentliche Ideen und Wertvorstellungen des
islami(sti)sch-konservativen Denkers Necip Fazil Kisakürek (1904 5-1983) einem der
wirkungsmächtigsten Protagonisten des national-konservativen und islami(sti)schen Gedankengutes
in der modernen Türkei. Der türkische Islamismus besitzt als moderne politische Ideologie eine
einhundertfünfzig Jahre alte Tradition und stellt islamische Staats- und Gesellschaftskonzepte
als Gegenentwürfe zum westlichen Modernisierungspfad vor. Oft rekurrieren Islamisten und
Konservative wie der türkische Staatspräsident Erdogan auf Kisaküreks Ideen.
Republikanisch-säkulare Kreise hingegen erkennen in seinem Denken eine reaktionäre Gefahr für
die Errungenschaften der kemalistischen Moderne.Kisakürek kritisiert die Verwestlichung der
Türkei als eine geistige Kolonialisierung und Entfremdung. Als Gegenmodell entwirft er die
politische Utopie des Großen Ostens (Büyük Dogu) in dessen Mittelpunkt die Wiedergeburt
einesislamisch eingefärbten Großreichs unter türkischer Führung steht. Kisakürek vertritt
stellenweise radikale Ansichten und ist nicht frei von Widersprüchen. Neben anti-westlichen
Einstellungen ausgeprägten faschistoiden und antisemitischen Positionen wandelt er hingegen
zwischen Ost und West auf der Suche nach einem Ausgleich von östlicher Mystik und westlicher
Philosophie.