»Ist die Macht böse?« So lautet der erste Satz dieses Buches. Es handelt von der politischen
Legitimität - oder besser: von den Legitimitäten denn es ist eine seiner Grundthesen daß wir
es in der historischen wie der gegenwärtigen Staatenwelt nicht mit einer einzigen Art
Legitimität zu tun haben - und überall dort wo eine solche nicht aufzufinden wäre und nicht
geltend gemacht werden könnte mit illegitimen Regimes also Usurpation - sondern mit mehreren
Legitimitätsarten und -gründen. Die heutige politische Welt ist vor allem durch die
Polarisierung in zwei Systeme charakterisiert: das der kommunistischen Parteiherrschaften und
das der Verfassungsstaaten. Die Herrschaft der bolschewistischen Partei legitimiert sich aus
der Offenbarung jener historischen Notwendigkeit wie sie die Ideologie des
Marxismus-Leninismus verkörpert. Die Regierungen der westlichen Verfassungsstaaten legitimieren
sich aus bürgerlicher Bestellung gemäß den Spielregeln ihrer jeweiligen Verfassung. Um diese
beiden Hauptformen kreisen die Erörterungen dieses Buches. Im einleitenden Kapitel wird eine
weiter ausgreifende weltgeschichtlich vergleichende Typologie der Legitimitätsarten entworfen
sie weicht von jener die seinerzeit Max Weber aufgestellt hat nicht unerheblich ab. Fast ein
Vierteljahrhundert ist vergangen seitdem Sternberger dieses Werk zuerst vorgelegt hat und er
hat seine allgemeine politische Theorie seitdem beträchtlich fortentwickelt. Die neue Ausgabe
enthält den Text der ursprünglichen zwölf Kapitel und der zugehörigen Glossen dazu drei neue
Kapitel. Zwei davon behandeln die bedeutsamen Wandlungen der bolschewistischen 'Religion' von
Chruschtschow bis Gorbatschow einschließlich des XXVII. Parteitags vom Februar 1986. In einem
dritten neuen Kapitel wird der Versuch unternommen die oligarchisch-demokratischen
Mischsysteme des Westens in ihren Legitimitätsgründen wie ihren Legitimitätsmängeln noch einmal
zu durchleuchten.