Die Suren der mittelmekkanischen Zeit setzen neue Schwerpunkte. Aus dem intimen Gespräch
zwischen dem göttlichen Sprecher und dem mit »du« angesprochenen Verkünder entwickelt sich nun
eine koranische Theologie. Sie basiert auf der Vorstellung immer wiederholten göttlichen
Sprechens durch Propheten. In ihrem Bestreben sich an diese biblische Prophetengeschichte und
damit das Gottesvolk der Israeliten anzubinden entwickelt die Hörergemeinde zunehmend das
Bewusstsein selbst zu den Erwählten zu gehören. Sie deutet biblische Geschichte vor allem das
Buch Exodus typologisch und versteht daher ihre eigene Gegenwart nicht nur als Fortsetzung der
Geschichte der von Mose geführten Israeliten sondern als deren Neuinszenierung. Mose tritt als
Vorbild für den Verkünder hervor: Nicht nur erfolgt seine Berufung unter ähnlichen Bedingungen
wie die des Verkünders auch Moses Exodus wird in einer wichtigen Transzendenzerfahrung des
Verkünders neu inszeniert. Suren der mittelmekkanischen Zeit kreisen um Erzählungen die den
Mittelteil einnehmen. Mit dieser Struktur greift die Gemeinde auf die Praxis der älteren
Religionen zurück: Die Suren reflektieren nicht mehr nur liturgische Vorträge sondern bilden
vollständige monotheistische Gottesdienste ab bei denen - vom jüdischen und christlichen
Modell vorgegeben - Lesungen biblischer Texte in der Mitte zu stehen haben. Das neue Gottesvolk
folgt dem älteren auch liturgisch nach.