Diesen Leitfaden für britische Soldaten in Deutschland 1944 gab das britische Außenministerium
den eigenen Streitkräften mit ins Marschgepäck. Ein höchst interessantes und amüsantes
Zeitdokument das vielleicht mehr über die deutsche Seele und das merkwürdige Volk auf dem
Kontinent verrät als man angesichts der vielen kuriosen und haarsträubenden Tipps und
Verhaltensregeln vermuten möchte. Vor 70 Jahren landeten britische Soldaten in der Normandie
mit dem Ziel gemeinsam mit ihren Verbündeten das nationalsozialistische Deutschland zu
besiegen. Um die Streitkräfte auf die Mentalität der Deutschen und das was sie in dem fremden
Land erwartet vorzubereiten wurde dieser Leitfaden erstellt - eine extrem verdichtete
Betriebsanleitung für Deutschland wie die Homepage der ARD es nennt. Ein Crashkurs in
deutscher Geschichte deutscher Politik und deutscher Kultur. Und eine buchlange Meditation
darüber was deutsche Geschichte deutsche Mentalität und den deutschen Nationalcharakter
eigentlich ausmacht. Groß fleischig und hellhaarig Und wie ist sie nun (nach Meinung der
Leitfaden-Autoren) die deutsche Mentalität? So zum Beispiel: Die Deutschen haben ihre Gefühle
nicht im Griff. Sie weisen einen hysterischen Charakterzug auf. Sie werden feststellen dass
Deutsche häufig bereits in Wut geraten wenn auch nur die geringste Kleinigkeit daneben geht.
Oder: Die Deutschen sind groß fleischig und hellhaarig – außerdem sehr fleißig und gründlich.
Darüberhinaus wird darauf hingewiesen dass die Deutschen seit Jahrhunderten daran gewöhnt
seien sich Autoritäten zu fügen. Die Kölnische Rundschau sieht die Grundintention des
Leitfadens so: Die Verfasser des Breviers bereiten die Soldaten auf ein ‚merkwürdiges Volk in
einem merkwürdigen Land’ vor dem man weder mit Brutalität noch mit Nachgiebigkeit begegnen
sollte. Und ndr.de meint zum Leitfaden: Viele der Beobachtungen wirken aus heutiger Sicht
ziemlich skurril. Aber gerade das mache den Reiz des Bändchens aus. Vor Schnaps wird gewarnt
Skurril wenn auch irgendwie typisch britisch wirkt auch dieser Tipp aus dem Soldaten-Brevier:
Die Deutschen wissen nicht wie man Tee zubereitet aber sie verstehen durchaus etwas von
Kaffee. Und um bei den Empfehlungen bzw. Warnungen im Hinblick auf Speisen und Getränke zu
bleiben: Mett- und Leberwurst werden im Leitfaden ausdrücklich gelobt Rotkohl und Sauerkraut
als akzeptabel bezeichnet Mosel- und Rheinwein mit guten Noten bedacht. Vor dem Konsum von
deutschen Schnäpsen wird allerdings ausdrücklich gewarnt denn: Die billigeren Sorten
verbrennen einem die Kehle. Für Helge Malchow einer der beiden Herausgeber dieses Leitfadens
war die Absicht der Verfasser mit ihrem Büchlein zu zeigen dass es in Deutschland eine
kuriose Mischung aus Sentimentalität auf der einen und Gefühlskälte auf der anderen Seite gibt.
Also: Weihnachtslieder unterm Christbaum hier SS-Barbarei dort. Warum sich die Lektüre des
Leitfadens für britische Soldaten in Deutschland 1944 heute also sieben Jahrzehnte nach
Verteilung an die sich auf die Landung in der Normandie vorbereitenden Truppen unbedingt lohnt
bringt der Rezensent von ard.de sehr gut auf den Punkt: Wer dieses Buch liest kann ermessen
wie lange der Weg war von ‚Deutschland Deutschland über alles’ zu jenem Schlachtruf ‚Schlaand
Schlaand’ mit dem Deutschland in diesem Sommer Fußballweltmeister werden konnte ohne seinen
Partnern in der Welt das Grauen zu lehren.