Diese Studien untersuchen auf wissenssoziologischer Basis den Natur- und Wissenschaftsbegriff
sowie die naturwissenschaftliche Methode Albrecht von Hallers (1708-1777) in ihrer Entstehung
im Rahmen des naturrechtlichen Denkens der Frühaufklärung. Von Relevanz ist dabei Hallers
Beziehung zum Newtonianismus Willem Jacob 'sGravesandes der Newtons mathematische
Naturwissenschaft experimentalistisch umdeutet und die wissenschaftliche Erkenntnislehre auf
der moralischen Evidenz aufbaut. Dies bildet den Hintergrund für Hallers Beurteilung der
Hypothesen um 1750 und für seinen dichterischen Neuansatz um 1730. Ausgangspunkt der Arbeit und
bedeutend für die Revolution des wissenschaftlichen Weltbildes ist die Newtondebatte in der
Bibliothèque Italique von 1731 32. In der Nachzeichnung des Wandels des cartesianischen
Begriffsystems wird das Scheitern der cartesianischen Kosmologie in ihren
Akkomodationsversuchen an die Resultate der Newtonschen Weltmechanik aufgezeigt. Hallers
Etablierung einer positiven Wissenschaft der Physiologie auf dem Grundbegriff der Kraft seine
neue Organismustheorie in der Irritabilitätslehre und seine embryologischen Studien erfolgen
unter der Voraussetzung metaphysischer Annahmen über die Normen der societas civilis in der er
lebte und über den moralischen Menschen und seiner Stellung in der von Gott nicht autonomen
Natur. Der Zusammenschluß der Wissenschaften von der Natur und der Wissenschaften des Menschen
deren Analogie von der naturrechtlichen Matrix begründet wird liegt somit konstitutiv dem
Hallerschen Verständnis der Physiologie und ihrer sozialethischen Bedeutung zugrunde die der
gläubige Naturforscher gegen neospinozistische bzw. materialistische Naturinterpretationen
verteidigt.