Theoretische Fragen werden im Mittelalter wie schon seit der Antike - in Konkurrenz zum Traktat
- in literarischen Dialogen behandelt. Der mittelalterliche Dialog steht dabei häufig noch im
Schatten der Forschung zum Renaissancedialog. Hier am Beispiel eines wenn nicht des
wichtigsten Verfassers von Dialogen im (späten) Mittelalter einen Wandel herbeizuführen ist
das Anliegen dieser Arbeit. Die Dialoge Ramon Llulls (1232-1316) die die katalanische
Literatur mitbegründen sollen dabei in die Debatte um das Verhältnis von Wissenschaft und
literarischer Form eingebracht werden. Llull der im deutschsprachigen Raum bislang vornehmlich
als Gegenstand der Philosophie und Theologie untersucht wird stellt die Konkurrenz der
Religionen häufig in den Mittelpunkt so in seinem berühmtesten Religionsdialog dem »Llibre
del Gentil« (dt. »Buch des Heiden und der drei Weisen«). Zentraler Gesichtspunkt der Arbeit ist
zunächst das gattungstypische Zusammenspiel von Argumentation und Handlung durch das ein
Verweisgeflecht zugunsten der christlichen Apologie entsteht (»Liber Tartari«). Daneben treten
die literarische Ich-Darstellung im Zusammenhang mit der Sünde der ira (»Consolatio Venetorum«
und »Desconhort«) sowie die impliziten gattungspoetischen Stellungnahmen für eine der
universitären Disputation angenäherten Argumentationstechnik ins Blickfeld (»Disputatio de Fide
et Intellectus«). Spätere Dialoge lullistischer Faktur aus Spanien und Portugal zeigen die
neben der immensen Rezeption der Ars magna bestehende literarische Wirkungsmacht Llulls. Im
Anhang ist die »Consolatio Venetorum« erstmals ediert. Eine systematische Analyse erschließt
das gesamte Dialogkorpus Llulls thematisch und formal.