Ausgehend von der Diagnose einer gleichzeitigen Krise und Konjunktur der Erinnerung in der
Ästhetik der Moderne diskutiert die Studie literarische und theoretische Texte Walter Benjamins
als Dokumente die diese Konstellation paradigmatisch formulieren der literarischen Erinnerung
jedoch auch neue Wege angesichts der Katastrophenerfahrungen des 20. Jahrhunderts aufweisen.
Benjamin schließt dabei an die Traditionen der rhetorischen Mnemotechnik wie der
Schriftmetaphorik des Gedächtnisses von Platon über Hegel zu Freud an. Diese Traditionslinien
prägen seine bislang noch nicht umfassend erschlossene literarische Produktion aus Tagebüchern
Erzählungen Sonetten usw. Gerade ein Text wie die intertextuell strukturierte und nie
endgültig fixierte Berliner Kindheit ist aber als Absage an einen rekonstruktiven
autobiographischen Duktus zu lesen. Deshalb stellt der Autor der 'Poetik der Erinnerung' die
Konzeption einer 'Poetik der Destruktion' entgegen. Sie ergibt sich aus der Dekonstruktion der
dichotomischen literarischen Erinnerungsfiguren von Allegorie und correspondance und vollzieht
sich in einer an Proust und Benjamins Erzähltheorie anschließenden Poetik des 'gestischen'
Schreibens. Benjamins Passagen-Werk kann dann gerade in seiner 'Unschreibbarkeit' als Manifest
einer offenen unabschließbaren Erinnerung gelesen werden: Nur in ihrer zerstörerischen Geste
entgeht sie dem Vorwurf der Vereinnahmung und vermag zum stummen Eingedenken der schweigenden
Opfer der Geschichte zu werden. Dergestalt prägt Benjamins Poetik auch den Diskurs über die
(Un-)Möglichkeit der Erinnerung nach dem Zweiten Weltkrieg wie z.B. noch die gegenwärtige
Debatte um das Holocaust-Mahnmal in Berlin.