«Auf auf ... » ruft Fritz J. Raddatz sich selber zu als er sich 2008 in einem Münchner Hotel
für die größte Party des Jahres umzieht «ich habe noch gar nicht die Krawatte gebunden - und
bin schon enttäuscht.» Der Ton einer schonungslosen Selbstbeobachtung die gleichzeitig
Beobachtung anderer ist angeschlagen bereits in den 2010 erschienenen «Tagebüchern 1982-2001»
setzt sich in diesem zweiten Band fort: noch klarer schärfer doch immer wieder wie zum
Ausgleich auch mit einem Einschlag ins Komische Übertreibende und rigoros Selbstironische. In
der Form freier als zuvor fügt Raddatz jetzt Monologe kurze Telefon-Dramen Essays und
Porträt-Miniaturen in den Text ein. Und neue Namen tauchen auf: nicht mehr nur Hochhuth
Enzensberger und Grass sondern auch Joachim Fest Katharina Thalbach aus der Erinnerung Klaus
Mann und etliche andere. Weiterhin geht es um ein Bild der guten Gesellschaft um die Frage:
«Wie leben die Deutschen?» weiterhin um die entstehende Einheit von Ost und West doch
mittlerweile und mit zunehmender Wut auch um die amerikanische Politik: den Krieg im Irak
die Lügen der Administration Guantanamo für Raddatz die schmerzliche Revision einer
Lebensüberzeugung vom zuvor geliebten Amerika. Das Erscheinen des ersten Bandes dieser
Tagebücher war ein literarisches Ereignis man hat das Buch «den großen Gesellschaftsroman der
Bundesrepublik» und «ein kaum erträgliches Kunstwerk» genannt. Hier ist Band 2: auf derselben
Höhe mit demselben Feuer.