In der Apostelgeschichte beschreibt der Evangelist Lukas das Gemeinschaftsleben der ersten
Christen in Jerusalem. Als Zeichen ihrer vollendeten Eintracht schildert er die
Gütergemeinschaft. Die Gläubigen hätten ihre Habe verkauft und die Erlöse in die Gemeinde
eingebracht sodass niemand mehr irgendetwas sein Eigen genannt habe und alle mit dem
Notwendigen versorgt gewesen seien. Im institutionalisierten Christentum verstand man die
urchristliche Gütergemeinschaft zunächst hauptsächlich als Muster für das Klosterleben. Erst im
späteren Mittelalter wurden vermehrt Stimmen laut die die Gütergemeinschaft zum Leitbild für
die gesamte Christenheit erhoben und mitunter seine Verwirklichung außerhalb der Klostermauern
betrieben. Christian Hoffarth ergründet die Ursachen dieser wirkmächtigen Neubewertung des
biblischen Ideals auf Basis exegetischer Texte des Spätmittelalters. Vom franziskanischen
Anspruch auf völlige Besitzlosigkeit bis zu John Wyclifs Ruf nach Enteignung des gesamten
Klerus entfaltet die Studie ein breites Panorama mittelalterlicher Vorstellungen von der
heilsgeschichtlichen sozialtheoretischen rechtlichen und politischen Bedeutung der Urkirche
sowie ihres utopischen Potentials.