In der Diskussion zur Krise moderner Demokratien erfreut sich das Losen einer wachsenden
Aufmerksamkeit. Dabei wird oft auf die Verwendung von Losverfahren in der politischen Praxis
der griechischen Antike verwiesen. Jedoch kam dem Losen auch in anderen Bereichen eine wichtige
Funktion zu. Aaron Gebler fokussiert in seiner Studie ebendiese Bereiche und untersucht
umfassend die Verwendung von Losverfahren in der attischen Demokratie im 6. und 5. Jahrhundert
v. Chr. Er zeigt dass die Verwendung des Loses im politischen Kontext möglicherweise aus dem
militärischen Bereich übernommen wurde. Im Zuge einer Transformation der Partizipationskultur
im griechischen Raum etablierte sich im 5. Jahrhundert v. Chr. das Losverfahren zu einer
bedeutenden Technik. Wurde es im 7. und 6. Jahrhundert v. Chr. noch beliebig eingesetzt - meist
als Problemlöser einer spezifischen Situation im militärischen Kontext zur Verteilung von
Erbschaften oder zur Befragung der Götter - entwickelte sich das Losverfahren spätestens ab
den letzten Jahren des 6. Jahrhundert v. Chr. zu einem festen Bestandteil politischer
Ordnungen.