Ein Misanthrop kommt oft allein. Nicht immer ist er leicht zu erkennen manchmal lässt er sich
nur über sein Umfeld identifizieren: eine Tonne vor den Toren der Stadt ein Kaktus als
Mitbewohner auf der Fensterbank ein Kommentar in den Welten des Internets. Mitten unter uns
ist er in seiner abgewandten Haltung weit weg. Vor dem Hintergrund der Pandemie als
Grenzerfahrung erscheint der Misanthrop als (Denk-)Figur von besonderer Virulenz lädt er doch
dazu ein das gewohnte Gefüge des menschlichen Miteinanders auf den Prüfstand zu stellen. Die
diachrone und interdisziplinäre Kartographie der Figur des Misanthropen sowie seiner Funktionen
bzw. Funktionalisierungen in Gesellschaft Kultur und Literatur sind Gegenstand dieses Bandes.
Ganz gleich ob er ein Leben fernab seiner Artgenossen anstrebt oder eine kritische bis
feindselige Auseinandersetzung mit dem zoon politikon sucht - die Analysen erfolgen im
Bewusstsein eines unausweichlichen Dialogs in dem sich der Misanthrop (nolens volens) befindet
weil die Denk- und Lebensweise dieser Figur nur aus der Auseinandersetzung mit anderen Menschen
bzw. menschlichen Gemeinsamkeiten zu erfassen ist.