In der kompakten Form acht- und zwölfzeiliger Gedichte hatte Christian Lehnert seine
»Pneumatologie« einer spirituellen Naturerfahrung zuletzt verdichtet ( Aufkommender Atem
2011) und mit derselben Form setzt er in seinem neuen sechsten Gedichtband wieder an.
Konsequent aber wächst die Form diesmal gegen die minimalistische Verdichtung auf über Sonette
hin zu dynamischen Zeilen und Strophen voll hexametrischer Rhythmen. Die Weitung der Form
bedeutet zugleich eine Annäherung an größere Formationen der Wirklichkeit. Das Gedicht bewegt
sich über die Erfahrung von Landschaft und Kulturnatur zielstrebig hinaus arbeitet sich auf
Schotter und Gleisen voran passiert Transportmittel Maschinenparks Depots und Halden
durchquert Brachen und steuert durch Kanäle und Schleusen in Richtung eines vorerst imaginär
bleibenden Stadtkerns. Wie die Mitte selbst aber erreichen? In einer Coda reißt Lehnert diese
Frage mit drei Langgedichten zu Worten Martin Luthers als Sprachproblem auf: Dichtung als ein
unablässiges Ringen um den Zugang zur Mitte - ein unabschließbarer Versuch doch ermutigt durch
den festgegründeten Satz: »Solange ich Atem hole ist Zeit.« »Christian Lehnert ist
einfach ein großer Lyriker mit einem seltenen Sinn für das Schöne.« (Hans Werner
Henze)