Robert Walser ist als Briefschreiber noch zu entdecken. Seine Briefe sind nicht bloß die
private Rückseite des Werks sondern dessen integraler Teil. Deshalb wird die Berner Ausgabe
der Werke Walsers mit einer neuen umfassenden Briefedition eröffnet. Sie gibt Einblick in die
Existenzbedingungen von Walsers 'Poetenleben' zwischen Zürich Berlin Biel Bern und Herisau.
In den Briefen lernen wir Walser in seinem weit verzweigten Netzwerk kennen das von den
nächsten Geschwistern bis zu Hesse und Hofmannsthal reicht. Wir werden Zeugen wie raffiniert
und hartnäckig er gegenüber Verlegern und Redakteuren sein literarisches Überleben behauptet.
Im Kampf um Zeilenhonorare und im kritischen Kommentar zur Gegenwart wird der hellwache
weltzugewandte Walser hörbar. Dagegen spricht in der Privatkorrespondenz ein verspielter und
witziger Walser. Insbesondere die Briefe an seine langjährige Freundin Frieda Mermet
dokumentieren eine Fernliebe delikatester Art. Als Briefeschreiber erprobt und entfaltet Walser
all jene literarischen Register die sein Werk so aufregend vielstimmig machen die Briefe
werden zur Kurzprosa eigener Art eng verwandt jenen Feuilletons mit denen Walser seine
Leserinnen und Leser unterhält. Doch dabei hält sich derjenige bedeckt der hier 'ich' sagt: Im
scheinbar offenherzigen Plaudern wahrt Walsers Schreiben ein letztes Briefgeheimnis.Robert
Walser (1878-1956) zählt mit seinen Romanen Dramoletten und Gedichten und vor allem mit seiner
feuilletonistischen Kurzprosa zu den wichtigsten Autoren der deutschsprachigen Literatur des
zwanzigsten Jahrhunderts. Seit 1978 erscheint sein Werk im Suhrkamp Verlag. Die Berner Ausgabe
publiziert im Auftrag der Robert Walser-Stiftung Bern macht das Werk Walsers neu zugänglich
mit zuverlässig edierten Texten Nachworten und erläuternden Kommentaren. Sie wird durch drei
Briefbände eröffnet. Diese enthalten gegenüber der Vorgängerausgabe 336 zusätzliche Briefe
Walsers sowie alle erhaltenen Gegenbriefe. Im Kommentarband finden sich unter anderem
Drittbriefe Abbildungen ein reiches Personenregister und Zeittafeln. »Ich habe Hunger! Und
immer wenn ich Hunger habe gelüstet es mich einen Brief zu schreiben! An irgend jemand! Das
ist doch begreiflich! Mit gefülltem Magen denke ich nur an mich nie an jemand anders! Mit
gefülltem Magen bin ich also glücklicher! Denn das ist doch kein Glück sich nach etwas Fernem
zu sehnen!« An Lisa Walser 30. Juli 1897 »Ich bin Ihnen einen Brief schuldig worin das
Wörtchen 'lieb' etwa hundertmal vorkommt immer in anderer Art damit es Ihnen nicht langweilig
vorkäme. Aber ich denke das kleine Wort werde Ihnen immer lieb sein. Da ist es schon wieder
vorgekommen und wird vielleicht in unserem Briefwechsel noch oft zur Aussprache gelangen.« An
Frieda Mermet 17. Dezember 1918 »Die Briefe die er schrieb in noblem Ton bedurften weiter
meistens keiner Feile.« Robert Walser in Der Sänger Rizio 1930 Band 1: Briefe 1897-1920 Band
2: Briefe 1921-1956 Band 3: Briefe Nachwort und Anhang