»Der Krieg ist wieder da.« Mit dieser ersten von sechs Stationen beginnt Alexander Kluge sein
neuestes Buch veranlasst durch einen Angriffskrieg der zunächst auf europäischem Schauplatz
aber mit globaler Wirkung geführt wird. Der Autor zielt damit weder auf eine Parteinahme noch
auf einen Appell. Vielmehr geht es ihm um den »Maulwurf Krieg« um dessen zähes und oft
unterirdisches Überleben um das was er aus Menschen macht und zu welchem Eigenleben er
imstande ist. Was der Autor nach ikonischem Vorbild im Schilde führt: eine Fibel. Für diese
formuliert er einfache Geschichten und unterlegt sie mit Bildmontagen und Filmsequenzen. Zehn
Jahre war der Autor alt als er - auf der Schulbank und mit dem Finger auf der Landkarte -
deutsche Panzer auf der Fahrt nach Stalingrad verfolgte. In der ganzen Zwischenzeit bis zu
seinem 91. Geburtstag im Februar 2023 hat dieser »Chronist der Gefühle« die Kostümierungen des
Krieges immer wieder studiert: Krieg ist sterblich aber er stirbt nicht schnell. Wie können
wir auf seine Zumutungen antworten? »Die Unmöglichkeit nicht zu weinen« das ist eine unserer
Stärken heißt es in der sechsten und letzten Station des Buches. Das Versteinerte und der
Charakterpanzer in uns sind eine Täuschung. Tränen in unseren Augen machen blind aber auch
hellsichtig. Wir Menschen sind für den Krieg ungeeignete Geschöpfe. Doch unsere Schwäche
enthält eine Hoffnung.