Tempel Kirchen und Figuren vermittelt ein außergewöhnlich reiches Spektrum
kunstgeschichtlicher ästhetischer und archäologischer Fragestellungen und Forschungen des
Kunstwissenschaftlers und Philosophen Max Raphael. Raphaels oberstes Ziel war stets die präzise
Beschreibung des Gegenstandes die Entwicklung der Deutung aus der Deskription heraus. So
entstand seine »empirische Kunstwissenschaft« meisterhaft erprobt an europäischer Malerei an
westlicher und außereuropäischer Kunst. Den Ausgangspunkt des vorliegenden Bandes bilden
architekturtheoretische Aufsätze und eine Studie über den dorischen Tempel. Im Zentrum steht
die lebenslange Arbeit an der Bestimmung des klassischen Menschen stets davon begleitet die
griechische Kunst zur mittelalterlichen und zur außereuropäischen Kunst in Beziehung zu setzen.
Raphaels Klassischer Mensch ist eine Einlösung dessen was Benjamin eine »wissenschaftliche
Prophetie« nannte (denn: wie der klassische Mensch »wirklich« aussah wissen wir nicht). Die
Studie »Der dorische Tempel« (1930) ist neben dem Text »Zur Kunsttheorie des dialektischen
Materialismus« Dreh- und Angelpunkt der von ihm so bezeichneten »zweiten Schaffenstheorie«: der
schöpferische Prozeß wird sozial und historisch begründet. Die architektonischen Formen des
dorischen Tempels repräsentieren für ihn die dialektische Methode der griechischen
Weltauffassung. In der minutiösen Rekonstruktion des Lebens und der Arbeit in den Bauhütten
erschließt Raphael ein weitgehend unbekanntes Kapitel der Architekturgeschichte zumal er es
nicht bei der Benennung von zeit- und kulturgeschichtlich bedingten Fakten beläßt sondern
hinter der Formengeschichte die Menschengeschichte neu beleben will. Er zeigt den
unerbittlichen Konkurrenzkampf die Konflikte und Tragödien die sich hinter der Vielfalt der
Stile verbergen: die baugeschichtliche Heterogenität entspricht der aufgebrochenen
Lebensgemeinschaft der auf Berufsbeziehungen und berufliche Verkehrsformen reduzierten
Gemeinschaft.