»Gestorben wird alleine zum Töten des Anderen gehören zwei. Die Fähigkeit des Menschen
seinesgleichen umzubringen konstituiert vielleicht mehr noch menschliche Geschichte als seine
Grundbestimmung sterben zu müssen.« Der »gewaltsam Umgebrachten« zu gedenken gehört zum
Kern der politischen Kultur. Reinhart Koselleck hat mit seinen wegweisenden Arbeiten zum
»Totenkult« ein neues Forschungsfeld erschlossen: die europäischen Denkmalslandschaften in
ihrer ganzen historischen ästhetischen und politischen Komplexität. Ob es sich um Opfer für
das Vaterland oder um solche von Kriegen und Gewaltherrschaft handelt ob Menschen in
Bürgerkriegen und Revolutionen oder durch Staatsverbrechen politischen oder religiösen Terror
umgebracht wurden - alle sind »getötete Tote«. Ohne ihrer zu gedenken so der Humanist
Koselleck ist ein Weiterleben nicht möglich. Der Band versammelt Kosellecks Aufsätze zum
politischen Totenkult publizistische Beiträge zu den Debatten über die »Neue Wache« und das
Holocaustmahnmal in Berlin theoretische Überlegungen zum Erinnerungsbegriff und
unveröffentlichte autobiografische Notizen über seine Erfahrungen in Krieg und russischer
Gefangenschaft. In Distanz zur populären »Erinnerungskultur« betonen sie die Unhintergehbarkeit
der Differenz zwischen individueller Erfahrung und kollektiven Erinnerungskonstruktionen. Die
Historie soll solche kollektiven Identitäten nicht stiften sondern kritisch analysieren. Darin
liegt für Koselleck die Aufgabe der Geschichtswissenschaft.