Ich habe mich über nahezu alles Wichtige in meinem Leben geirrt.' Obwohl sie in ihrer Kindheit
sexuellen Übergriffen und emotionaler Vernachlässigung ausgesetzt war glaubt Jutta Reichelt
jahrzehntelang das halbwegs normale Kind halbwegs normaler Eltern zu sein. Erst als sie mit
Mitte Vierzig in eine existentielle Krise gerät wird ihr klar wie wenig mit ihrem Leben
stimmt und sie macht sich auf die Suche - danach wie es wirklich war und wie sie davon
erzählen kann. Viele der Fragen die sie dabei für sich klären muss stellen sich nicht erst
angesichts einer traumatischen Vergangenheit: Was können wir über uns wissen? Wie weit können
wir unseren Erinnerungen trauen? Wo kollidiert unser Recht zu erzählen mit dem Recht anderer
¿unerzählt¿ zu bleiben? Klug und zugleich tief berührend verwebt Jutta Reichelt in diesem
essayistischen Text das konkrete Material ihres eigenen Lebens mit den grundlegenden Themen und
Fragen die es aufwirft. Ein hochspannender schön zu lesender Text der vorführt wie wichtig
es ist Auskunft über sich geben zu können. Ein ganz anderer Essay über Traumata und MeToo
über das Schreiben und Erzählen der inspiriert und ermutigt über die eigene Lebensgeschichte
nachzudenken.