Bereits 1969 betonte John Bowlby der Begründer der Bindungstheorie dass eine
interdisziplinäre Perspektive für die Erforschung von Entwicklungs- und Veränderungsprozessen
beim Menschen essenziell ist. Diese schloss seinen originär psychoanalytischen Ansatz die
empirische Perspektive der (Tier-)Verhaltensforscher und das systemische Paradigma ein. Die
Wissensbasis dieser Denk- und Handlungsansätze hielt er für grundlegend für ein weitergehendes
Verständnis des Zusammenhangs zwischen einerseits biologischen Grundmustern des Überlebens und
andererseits der fortlaufenden Modifikation dieser Muster durch die menschliche Kommunikation
beginnend mit der ganz frühen Mutter-Kind-Beziehung. Fünfzig Jahre neurobiologische Bindungs-
und Resilienzforschung haben diese Annahme eindrucksvoll bestätigt. Systemtheorie und
systemische Praxis entwickelten in ungefähr der gleichen Zeitspanne wirkmächtige Verfahren in
der Beratung und Therapie von Einzelnen Paaren und Familien. Die naheliegende Verbindung
zwischen Bindungstheorie und Systemtheorie wurde in der Vergangenheit vernachlässigt. Mit
diesem Buch unternimmt Alexander Trost den Versuch das »Fremdeln« der Systemiker gegenüber
Neurobiologie und Bindungstheorie durch eine interessiert-neugierige Annäherung auf eine andere
Resonanzstufe zu bringen. Die Bedeutung von Kontexten ist in beiden Verfahren grundlegend und
beide können von den Erkenntnissen und Methoden der anderen wesentlich profitieren. Die
Verbindung von theoretischer Grundlegung und methodisch-praktischer Anwendung von
Bindungswissen und Mentalisieren in der systemischen Arbeit ist anregend und nutzbringend für
alle Interessierten aus psychosozialen Arbeitsfeldern.