Unter den Hamburger Autorinnen und Autoren der Jahrhundertwende war Ilse Frapan (1849-1908) die
bedeutendste. Zu schreiben begann sie als junge Volksschullehrerin gefördert von berühmten
Kollegen wie Theodor Storm und Paul Heyse. Noch im Alter von 43 Jahren begann sie ein
Biologiestudium - in Zürich weil Frauen an deutschen Universitäten nicht zugelassen waren.
Ihre Bitte um ein Stipendium wies der Hamburger Bürgermeister zurück. Stattdessen legte die
Politische Polizei eine Akte an. Wenige Jahre später erkrankte Ilse Frapan unheilbar und ließ
sich von ihrer Lebensgefährtin erschießen die sich danach selbst tötete. Weil sie mit ihren
gesellschaftskritischen Romanen Novellen und Theaterstücken die bürgerliche Kultur in der
Hansestadt gestört hatte wurde ihre literarische Bedeutung nach ihrem Tod kaum gewürdigt und
ihre Werke waren bald vergessen. Mit 'Zwischen Nacht und Morgen' legt Dirk Hempel nun zehn
sorgfältig ausgewählte Hamburger Novellen neu vor. Darin porträtiert Frapan schonungslos das
Leben der "einfachen Leute" in den Gängevierteln: Armut Krankheit Alkoholismus Prostitution
und gesellschaftliches Elend. Ihre realistischen und zugleich literarisch kraftvollen
Schilderungen wirken bis heute modern - und bleiben in der Literaturgeschichte Hamburgs
einzigartig.