Die Studie rekonstruiert am Beispiel Ludwig Uhlands Prozess und Praxis literarischer
Kanonisierung in den literaturvermittelnden Bildungsinstitutionen der preußischen höheren
Schule und Universität im 19. und 20. Jahrhundert. Ausgehend von diskursanalytischen und
literatursoziologischen Ansätzen werden auf der Grundlage einer Vielzahl von Quellen
literaturwissenschaftliche und -didaktische Diskursformationen beschrieben und kulturelle
Praktiken aufgezeigt mit denen Autor und Text zur Geltung gebracht und spezifisch kodiert
wurden. Im Falle Uhlands so zeigen die Ergebnisse führte sowohl der kulturelle
Funktionsverlust der inneren Nationbildung zur Dekanonisierung bestimmter Texte als auch der an
den Autor geknüpfte Begriff der Volkstümlichkeit: Als Deutungs- und Beschreibungskategorie
festigte er zunächst das Verdikt der Einfachheit der Texte Uhlands um schließlich als
Etikettierung die literaturwissenschaftliche Distanz zu dem populären Dichter herauszufordern.
Nicht zuletzt illustriert die Studie somit inwiefern sich in der Kanonisierungspraxis die
diskontinuierliche Geschichte der germanistischen Wissenschaft spiegelt.