Im achtzigsten Jahr nach dem Genozid von Dêrsim begrüßen wir die LeserInnenschaft mit einem
neuen Sammelband. Bis heute gehen die Meinungen zu den Vorfällen in Dêrsim1937 38 weit
auseinander abhängig von der jeweiligen politischen Positionierung zu den Ereignissen. Unser
Sammelband hat es sich zum Ziel gesetzt zu einer wissenschaftlichen Fundierung des
Genozidbegriffs im Kontext von Dêrsim beizutragen und die Diskussion auf einer Ebene zu führen
auf der Dêrsim nicht mehr als lokales Ereignis sondern als ein Ereignis mit internationaler
Dimension Teil des gesellschaftlichen und politischen Diskurses wird. Als eine historische
Region der heutigen Osttürkei bzw. Nord-Mesopotamiens ist Dêrsim durch intersektionale
multilinguale und in vielfacher Weise heterogene Identitäten gekennzeichnet. Die Eigenschaft
Dêrsims die Hochburg der Kizilbas-AlevitInnen zu sein hat die Region stets ins Visier von
orthodox und autoritär regierenden zentralistischen Machtsystemen der Region geraten lassen.
Die Geschichte Dêrsims ist deshalb nicht nur eine Geschichte individueller und kollektiver
Biographien sondern auch ein Modell des Widerstands gegen vereinheitlichende und
homogenisierende Systeme. Dieser Sammelband möchte einen weiteren Schritt zur Aufarbeitung der
Hintergründe des Genozids von Dêrsim leisten. Die Erfahrungen der dêrsimischen Bevölkerung die
mittlerweile eine große Diasporagemeinde in den europäischen Staaten bildet ermöglichen -
trotz immer enger werdender Lebensräume einer sich neoliberal globalisierenden Welt - die
Erkundung neuer Optionen zur Entwicklung pluralistisch-demokratischer Gesellschaftsformen.