Trotz seines Fragmentcharakters ist Louis Althussers Aufsatz Ideologie und ideologische
Staatsapparate bis heute von großer Wirkung. Isolde Charim entwickelt die darin angelegten
Gedanken zur Skizze einer Ideologietheorie weiter.In ihrer Lektüre versteht Isolde Charim
diesen Text zugleich als Fragment und Primärtext. Ein Fragment lesen bedeutet seinen
signifikanten Leerstellen nachgehen. Diese sind durch jene Theoretiker markiert mit denen
Althusser sich meist unausgesprochen auseinandersetzt: Freud Gramsci Foucault Lacan. Als
Primärtext jedoch skizziert der Aufsatz eine ganze Theorie der Ideologie. Diese Theorie
begründet sich durch eine Grezziehung: Sie setzt sich von einer aufklärerischen Ideologiekritik
ab. Die Ideologietheorie entlarvt ihren Gegenstand nicht als falschen Schein sondern entwirft
ihn als eigene gesellschaftliche Realität. Der Kontext der Ideologie ist also nicht die
Wahrheit sondern die Macht. In diesem Sinne ist Althussers Text heute bedeutsamer denn je -
eröffnet er doch angesichts der Rede vom Ende aller Ideologien ein Feld der Sichtbarkeit in
dem gegenwärtige Ideologien die bislang eine unsichtbare Existenz geführt haben ins Licht der
Theorie gerückt werden können.