Am 12. September 1919 marschierte der italienische Nationaldichter Gabriele d'Annunzio mit 287
Freischärlern aus Ronchi los um die Hafenstadt Fiume einzunehmen. Am Abend wurde er zum
Comandante der Stadt ernannt die er 500 Tage hielt. Schnell strömten aus der ganzen Welt
Freiwillige und Aktivisten nach Fiume. Deserteure Anarchisten Syndikalisten Freidenker
Kommunisten Homosexuelle Futuristen Schriftsteller Musiker Künstler und Abenteurer. Die
Stadt des Lebens pulsierte rund um die Uhr. Sie war ein riesiges gesellschaftliches
Versuchslabor.Neben der Regierung in Rom beobachtete noch jemand die Vorgänge in Fiume mit
großem Misstrauen. Benito Mussolini fürchtete der Dichter werde die Rolle einnehmen die er
sich selbst zugedacht hatte: den Sturz der Regierung. D'Annunzio war weitaus populärer als der
spätere Duce. Er war nicht nur der Vate Italiens Dichterfürst sondern zudem ein
hochdekorierter Kriegsheld. Der Dritte im Bunde war Filippo Tommaso Marinetti Gründer und
Leuchtfigur des Futurismus. Er war d'Annunzio in Hassliebe verbunden und politisch mit
Mussolini verbandelt.Für alle war Fiume ein zentraler Wendepunkt in ihrem Leben. Für d'Annunzio
war es der Zenit seiner politischen Laufbahn dem ein rascher Abstieg folgte. Für Mussolini war
es ein Musterbeispiel für die Ästhetisierung und Ritualisierung der Politik die er zu einem
wesentlichen Bestandteil des Faschismus und seines persönlichen Aufstiegs machte. Und Marinetti
wurde durch die Zurückweisung des Dichters in Fiume näher zu Mussolini getrieben dem er bis zu
seinem Tod treu blieb. Diese drei Männer haben das 20. Jahrhundert erfunden: den Faschismus
den Populismus die moderne Kunst. Jetzt wird es Zeit erstmals ihre gemeinsame Geschichte zu
erzählen pünktlich zum 100. Jahrestag der Besetzung von Fiume.