Sobald der feste Muskel des beim Verzehr noch lebenden Tiers durchtrennt ist offenbart sich
der darin lebende Mollusk: Er hat ein Herz aber kein Gehirn dafür Magen Darm und After.
Vielleicht steht die Auster genau deswegen im Zentrum erotischer Fantasien als Inbegriff der
Kreatürlichkeit. Als solcher findet sie im 16. Jahrhundert Eingang in die Malerei um
schließlich im 19. Jahrhundert eine Popularisierung zu erfahren: Bevor die Auster zur
Delikatesse wurde war sie billiges Streetfood ein Arme-Leute-Essen. Und lange bevor die Queer
Theory die Frage nach dem Geschlecht zu verflüssigen suchte war diese unscheinbare
Meeresbewohnerin bereits eine Meisterin der gender fluidity : Je nach Witterung wechseln
Austern mehrmals im Leben ihr Geschlecht. Auf den Spuren dieses faszinierenden Tiers begibt
sich Andreas Ammer auf Fischmärkte in Hafenlokale und auf Schiffe um letztendlich doch immer
zu diesem einen Moment zurückzukehren: der Oyster Conversion Experience der
lebensverändernden Begegnung mit diesem unsichtbaren Meerestier dessen Geschmack nach Ozean er
immer wieder herbeisehnt. Und zu der Frage wie sich von einem Tier erzählen lässt das zwar
schon weitaus länger als der Mensch lebt sich jedoch die allermeiste Zeit zwischen zwei
Schalen verbirgt.