Dass die Wüste ein karger und trostloser Ort sein soll entlarvt Mary Austin in ihrer erstmals
1903 erschienenen Naturkunde des US-amerikanischen Südwestens als bloßes Vorurteil: In vierzehn
Vignetten schildert sie das Land of Little Rain des Death Valley und der Mojave-Wüste als ein
Reich von harscher Schönheit in der sowohl Menschen als auch eine vielfältige Tier- und
Pflanzenwelt nicht nur überleben sondern sich den widrigen Umständen hervorragend angepasst
haben. Dabei tritt Austin in ihren Erkundungen nicht als distanzierte Naturbeobachterin oder
gar Touristin auf sondern als engagierte zeitweilige Wüstenbewohnerin die mit den
Lebensweisen der ansässigen indigenen Bevölkerung ebenso vertraut ist wie mit denen der
Immigranten Farmer und Bergleute die alle auf ihre eigene Weise versuchen sich im dürren
Land out west einzurichten. Einfühlsam und kenntnisreich zeichnen die Beschreibungen das
präzise Porträt einer übersehenen Landschaft die bis dahin kaum als Kulturraum wahrgenommen
wurde. Nur wenige Jahre nach Veröffentlichung des Buches sollte das Land das Austin als so
lebendig beschrieben hatte tatsächlich verwüstet werden: In einem dubiosen Verfahren erwirbt
die wachsende Metropole Los Angeles Wasserrechte von den Farmern des Owens Valley und besiegelt
damit seine Zerstörung. Heute verdeutlicht uns Austins faszinierendes Porträt der
kalifornischen Wüste daher umso eindringlicher wie unerlässlich es ist für die Bewahrung von
Naturräumen einzutreten.