Halbwahrheiten gehören zu den auffälligsten und wirkmächtigsten Instrumenten des sogenannten
postfaktischen politischen Diskurses - eines Diskurses der zwischen Relativismus und Zynismus
schwankt und für den die Verwandlung von Fakten in bloße Meinungen ebenso typisch ist wie das
Streben nach Aufmerksamkeit und die Demonstration autoritärer Setzungsmacht. Ob Fake News
Verschwörungstheorien oder populistische Propaganda: Sie alle kommen nicht ohne Halbwahrheiten
und ihre Manipulation von Wirklichkeit aus. In ihrem Buch setzt Nicola Gess die Halbwahrheit
ins Vernehmen mit dem Ideologiebegriff und formuliert eine Theorie der Halbwahrheit als
narrativer Kleinform die nicht nach dem binären Code wahr falsch sondern glaubwürdig
unglaubwürdig funktioniert. Am Beispiel des gefallenen Journalisten Claas Relotius des
Verschwörungstheoretikers Ken Jebsen und des Literaten Uwe Tellkamp untersucht sie wie eine
Rhetorik der Halbwahrheiten arbeitet und warum man ihr mit einem »Fiktionscheck« besser
begegnen kann als mit einem »Faktencheck«.