Begehren und Wert erscheinen auf den ersten Blick als Gegensätze. Während Ersteres auf das
Persönliche und Intime abzielt beschreibt Letzteres die abstrakte Beurteilung. Doch der
Gegensatz wird brüchig sobald wir im Begehren das beständige Auf- und Abwerten anderer
entdecken und im Wert das unablässige affektgeladene Spiel der Bewertungen. Jule Govrins
fulminanter Essay Begehrenswert fragt danach wie Begehren die wirtschaftlichen
Wertordnungen durchdringt und sich ökonomische Bewertungsmuster feinstofflich in soziale
Beziehungen und Selbstwahrnehmungen einschreiben - in Semantiken des Selbstwerts auf der Suche
nach Alleinstellungsmerkmalen und unique selling points um sich von anderen abzuheben.
Der Streifzug durch die Gegenwart geht mit Abstechern in die Kapitalismus- und
Sexualitätsgeschichte einher um aufzuzeigen wie sich Begehren an Waren Menschen und Werte
bindet. Im Dreieck von Wert Begehren und Authentizität ergründet Begehrenswert die Matrix
unserer Gegenwart - und weist zugleich im alle verbindenden Begehren nach anders gelagerten
solidarischen Beziehungsweisen den Fluchtpunkt einer emanzipatorischen Perspektive auf.