Jean Roscoff versteht die Welt nicht mehr. Eigentlich wollte er mit seinem Buch Der Seher von
Étampes eine Hommage auf einen unbekannten afroamerikanischen Dichter schreiben stattdessen
hat er den größten Literaturskandal in der jüngeren Geschichte Frankreichs ausgelöst. Im
Internet wütet ein heftiger Shitstorm Presse und Rundfunk machen dem pensionierten Akademiker
mit Hang zu Alkohol Nostalgie und Fettnäpfchen öffentlich den Prozess. Der Vorwurf: kulturelle
Aneignung. Denn seit Roscoff in den 1980er-Jahren als löwenmähniger Postpunk auf die Straße
ging haben sich die ideologischen Koordinaten des linken Antirassismus verschoben. Was einst
progressiv war gilt heute als reaktionär.Wie ein Seismograf für gesellschaftliche Erdbeben
verzeichnet Abel Quentin die neuesten Verwerfungen im unwegsamen Terrain der Moral. Mit
satirischem Scharfsinn seziert er die Dynamiken des digitalen Meinungskampfes und entwirft ein
bissiges Porträt der Medienwelt. Vor allem aber nimmt er seine Figuren beim Wort folgt ihnen
durch ihre höchst unterschiedlichen Milieus und interessiert sich - immer scharfzüngig nie
gnadenlos - für ihr Hadern mit der Welt den anderen und sich selbst.