Nur mit Geräuschen vermischt waren die Orchester der Grandhotels zu vernehmen. Aus solchem
Gesamtklang heraus entstand das Programm für die schräge Geräuschkunst von Luigi Russolo. Diese
hat weniger mit Leidenschaft für Industrie und Maschinen zu tun als vielmehr mit gefüllten
Wachtelschenkeln mit in Vestibülen spielenden Kapellen oder mit Parks und Kolonnaden der
Kurorte. Dort und in der lombardischen Metropole kulminieren zwischen 1909 und 1921 das Geld
und seine Verachtung der Anarchismus und Faschismus der Futurismus und die
Avantgarde.Ausgehend von unbekannten Dokumenten rekonstruiert Mathias Gredig jenen so
einzigartigen wie flüchtigen historischen Moment und stellt dabei nicht nur die
Futurismus-Forschung auf den Kopf sondern schlägt eine neue ästhetische und historische
Einordnung der Geräuschkunst wie auch der frühen Avantgarde und der bürgerlichen
Unterhaltungsmusik insgesamt vor. In Begleitung von Russolos Geräuschintonatoren erzählt er
eine bisher unerhörte Geschichte: des Mailänder Risottos der Fanatiker Kriegsversehrten und
Esoteriker der anarchistischen und faschistischen Agitationen von Bombenanschlägen und ihrer
Umgebung die in die Musik wandert.