Über kaum eine Pflanze lässt sich sagen dass sie im Schatten ihre größte Wirkung entfaltet -
für den Farn gilt das jedoch im doppelten Sinn: Als Überbleibsel der Urzeit wächst er in
lichtarmen Gärten und Wäldern und im Inneren der Erde haben ihn die Sedimente über
Jahrmillionen zu Steinkohle und Erdöl gepresst deren Verbrennung das menschliche Überleben
heute weit mehr bedroht als sein eigenes. Die Zeugung dieser sich im Geheimen fortpflanzenden
Gewächse war lange Zeit Gegenstand allerlei Spekulationen. Zauberisches wird ihren Samen
nachgesagt: dass sie einen die Sprache der Tiere lehrten und dass wer dem Teufel begegnet
sich mit ihnen noch einmal freikaufen könne. Im Frühjahr fasziniert stets aufs Neue wie
entlang der Fiederspindel sich jedes Fiederchen einzeln entfaltet und dabei seine fraktale
Anordnung offenbart die als Zeichen absoluter Schönheit gilt - und im viktorianischen England
das fern fever mit ausgelöst haben dürfte: eine Leidenschaft für das exzessive Sammeln und
Züchten dieser wundersamen Pflanzen dem Anlegen von Farngärten in Mietskasernen und
Heilanstalten und nicht zuletzt dem Import exotischer Arten aus aller Welt. Auf den Spuren
dieser sagenumwobenen Geheimnisträger erkundet Solvejg Nitzke alte Friedhöfe geheime Gärten
und den Hinterhof ihres Dresdner Zuhauses. Ergebnis ist das erhellende Portrait einer
schattenliebenden Pflanze die nicht mehr übersehen kann wer sich einmal zu ihr
hinuntergebeugt hat.