Die »Aphorismen über die Naturphilosophie« (1806 07) wie auch die zugehörigen »Aphorismen zur
Einleitung in die Naturphilosophie « (1805) sind in der Forschung bisher weitgehend unbeachtet
geblieben obwohl sie einen bedeutenden Übergangstext von der Natur zur Freiheitsphilosophie
Schellings darstellen. Sie wurden ursprünglich in der kurzlebigen in nur sechs Ausgaben
erschienenen Zeitschrift »Jahrbücher der Medicin als Wissenschaft« veröffentlicht die
Schelling zwischen 1805 und 1808 herausgab und zu der er die maßgeblichen Beiträge beisteuerte.
Die 469 »Aphorismen« die sich in zwei Hauptteile sowie eine vorangehende Einleitung gliedern
sind in wesentlichen Teilen Reflexionen über das Absolute und knüpfen zwar noch an das »System
der gesammten Philosophie« von 1804 an enthalten aber zugleich auch den Übergang von der
frühen von Kant und Fichte ausgehenden Identitätsphilosophie hin in »ein langsames Abdriften
zu den dunklen Bereichen des Seins« (X. Tilliette) denen sich Schelling nach 1806 verstärkt
zuwendet. Sprachlich und gedanklich entfernt er sich vom »System« spricht von der »Liebe« und
den »Relationen« und in Wendungen die an Jacob Böhme erinnern von der »Seele« der Dinge
»welche also zwar an sich betrachtet gleich dem Centro relativ aber auf das Ding das
verworrene Gegenbild ihrer Einheit nur ein Geschöpf des Centri ist«. Hier vollzieht sich die
systematische Voraussetzung für das was die folgenden Schriften wesentlich ausmacht: das
Ausloten des Dunklen in der Natur und damit in uns selbst. Die Textgattung »Aphorismus« war um
1800 noch nicht auf jene Bedeutung verengt die uns heute an ein isoliertes »Kürzestfragment«
denken lässt. Es handelt sich um kurze Abschnitte einer genetischen Darstellung die jedoch
anders als ein durchkomponierter Text einzelne Motive freier variieren und von verschiedenen
Seiten her beleuchten kann.