Der Franziskaner Petrus Iohannis Olivi war einer der umstrittensten und schöpferischsten Denker
des 13. Jahrhunderts. Sein moraltheologischer »Tractatus de contractibus« behandelt
Handelsverträge und Wucherzinsen sowie die Rückerstattung unrechtmäßiger Gewinne. Olivi erweist
sich dabei als ein Wirtschaftsethiker der philosophische theologische und rechtliche
Analyseinstrumente verknüpft.In seinem Werk in dem zum ersten Mal in der europäischen
Geistesgeschichte der Begriff des »Kapitals« entwickelt wird erarbeitet Olivi eine ethische
Konzeptualisierung des Wirtschaftslebens die er in normative Fragestellungen einbettet. Obwohl
sein primäres Ziel ein ethisches ist ist Olivi die Formulierung grundlegender ökonomischer
Ideen zu verdanken die in ihrer Originalität und intellektuellen Schärfe einen nachhaltigen
Einfluss auf spätere Denker und auf die europäische Geschichte des ökonomischen Denkens
ausgeübt haben: eine wirtschaftlich subjektive Werttheorie im Zusammenhang mit einer Theorie
des gerechten Preises die theoretischsystematische Verwendung des Kapitalbegriffs und die
Verteidigung der Idee der Produktivität des Geldes die Unterscheidung zwischen unrechtmäßigem
Wucher (usura) und legitimem Zins als Entschädigung (interesse) wie auch die Anerkennung des
sozialen Nutzens der kaufmännischen Tätigkeit. In seiner ausführlichen Einleitung stellt der
Herausgeber die Editions und Entdeckungsgeschichte sowie den intellektuellen Kontext des
Traktats vor und zeigt die reichhaltige ideengeschichtliche Wirkung sowie die Aktualität der
franziskanischen Wirtschaftethik auf.