Von den Festen Pessach Chanukka oder Purim bis hin zum Gedenken an die großen Wellen der
Vernichtung: Das Judentum ist geprägt von der Erinnerung. So bildet der biblische Imperativ
»Sachor: Erinnere Dich!« die Grundlage für die gemeinsame Identität und das Überleben der Juden
als Gemeinschaft. Umso erstaunlicher ist dass sich im Gegensatz zu vielen anderen
zeitgenössischen Kulturen in der jüdischen Tradition seit der Zerstörung des Tempels und dem
Beginn der Diaspora bis zur Moderne praktisch kaum eine Geschichtsschreibung findet. In seiner
wegweisenden Untersuchung geht Yosef Hayim Yerushalmi dem Paradox einer Geschichtsbetrachtung
nach die nicht auf die Vergangenheit ausgerichtet ist und beleuchtet das Konkurrenzverhältnis
von exakter wissenschaftlicher Historiografie und identitätsstiftender lebendiger Tradition.
Dahinter steht die fundamentale Frage nach dem richtigen Gebrauch der Geschichte der den
Zusammenhalt der Gesellschaft ebenso betrifft wie die umkämpfte Erinnerung an den Holocaust.