Stendhals Romane sind sowohl als realistische als auch als 'antirealistische' und
'postheroische' Werke gelesen worden. In beiden Fällen gerät die konkrete und intensive
Auseinandersetzung Stendhals mit zeitgenössischen Erschließungen der jüngeren Geschichte aus
dem Blick. Die vorliegende Arbeit widmet sich dem erfolgreichen Genre der Memoiren und seiner
Bedeutung für die Poetik der Zeitgeschichte Stendhals. Letztere wird gleich zweifach als
Erzählung in der Nachhut verstanden: erstens als eine Geschichte 'nach der Geschichte'
zweitens als ein Erzählen in der Folge anderer Erzählungen.Stendhals Rezeption zeitgenössischer
Memoiren und seine bewusste Gestaltung einer historischen 'Akteur'- und Autorschaft werden
anhand seiner bisher vernachlässigten feuilletonistischen und biographischen Schriften
eingehend untersucht. Im Zentrum der Arbeit stehen ausführliche Textanalysen des Romans 'Le
Rouge et le Noir' in Auseinandersetzung mit den Memoiren Marmontels Saint-Simons und Madame
Rolands.